Pakistan Pakistan

Catch me if you can Catch me if you can

Wir sprachen schon längere Zeit darüber, doch dann ist der Tag einfach viel zu schnell da.

Der Tag an dem sich unser 5er-Gespann aufsplittete.

Rob und Thomas traten den Weg in Richtung Islamabad und Karakorum-Highway an, während der Rest der Truppe Richtung Süden aufbrach. Ein letztes gemeinsames Frühstück und Gruppenfoto und dann hieß es Abschied nehmen.
Ein schwerer und trauriger Augenblick für mich, denn Rob war mir mit seiner unkomplizierten und lustigen Art sehr ans Herz gewachsen und die platten Sprüche von Thomas würden mir wohl auch bald fehlen.

Als ich den Helm aufsetzte kullerte schon die eine oder andere Träne an meinen Wangen hinunter. Nicht nur dass ich Abschiede hasse – nein, ich machte mir wirklich Sorgen um die Beiden, denn aus dem Swat-Tal und Islamabad hörte man nicht gerade die schönsten Nachrichten.

Jetzt war ich also mit den zwei Rennsemmeln Claus und Kämmi alleine. Wir machten uns auf den Weg nach Bahalwalpur. Die Strecke ging auf sehr gut ausgebauten Straßen kerzengerade aus und die öde in Brauntönen gehaltene Landschaft wurde lediglich durch die extrem bunten Trucks aufgehellt.
Darin sind die Pakistaner wahre Meister, denn sie machen aus ihren Brummis wirklich fahrende Kunstwerke! Wir wurden überall mit Hupen und Welcome-Rufen begrüßt. Keine Spur von Neid, Angst oder Terrorismus.
Auch mir als Frau gegenüber verhielten sich die Pakistaner absolut höflich und sprachen ganz normal mit mir. Die Frauen hier im Lande kleideten sich überwiegend wie die Inderinnen und dadurch konnte ich auch auf eine Kopfbedeckung verzichten.

In Bahalwalpur verursachten wir kurzzeitig ein kleines Verkehrschaos, bis wir von der Polizei aufgegriffen und in ein recht teures Hotel gebracht wurden.
Da ich immer noch nicht fit war, zog ich es vor im Hotel zu bleiben, während Pat und Patachon sich auf den Weg in die Stadt machten. Die beiden hatten den ganzen Abend mit zwei Einheimischen verbracht und dabei recht viel Spaß gehabt.
Bis zu dem Zeitpunkt als sie von ihren beiden Freunden ins Hotel zurück gebracht wurden.
Denn hier wartet bereits die Polizei in gehöriger Aufregung und war sehr empört darüber, dass Clausito und Kämmi sich wie Freiwild in der Stadt bewegten. Sie hätten ohne Polizeischutz das Hotel nicht verlassen dürfen. Das Resultat war, dass von diesem Moment an unsere Hoteltür von einem Wachmann beaufsichtigt wurde. Wir verstanden den ganzen Zinnober überhaupt nicht.
Am nächsten Morgen wurden wir beim Frühstück wieder von der Polizei eingefangen und unter Geleitschutz aus der Stadt gebracht. Jetzt waren wir wieder frei und konnten uns bewegen wie wir wollten, daher gaben wir auch gleich mal kräftig Gas und düsten unserem Tagesziel Sukkur entgegen.
Solange wir fuhren war alles in bester Ordnung, doch sobald wir in einer Stadt stehen blieben gab es Chaos. So auch in Sukkur. Wir hielten im Zentrum an, um uns nach einem Hotel umzusehen.
Kämmi war auf Sichtungstour, während Claus und ich die Bikes bewachten. Es war unerträglich heiß und ich stand kurz vor einem Hitzschlag. Ein älterer Herr bot mir einen Sitzplatz im Schatten an, den ich dankbar annahm.

Ich saß noch nicht richtig, da wurde ich schon von hunderten Pakistanern umringt die mich nur anstarrten. Keiner sagte ein Wort. So eine Situation hatte ich bisher noch nicht erlebt.
Die Menge kam immer näher und die Hitze wurde noch extremer. Mein Kreislauf war kurz davor sich komplett zu verabschieden, als der ältere Herr die Menschenmenge wegdrückte und seine Landsleute verbal irgendetwas an den Kopf warf.
Er brachte mir eine Flasche Mineralwasser und so ging es langsam etwas besser, doch die starrende Masse blieb wie angewurzelt stehen.
Claus suchte verzweifelt jemanden, der Englisch sprach, doch das war in dieser Stadt nahezu unmöglich.

Unser Freund und Helfer – die Polizei- kam dann auch irgendwann dazu und brachte uns erst mal aus dieser Menschenmasse. Sie steckten uns in ein klimatisiertes Fotogeschäft, wo wir mit kühlen Getränken und englisch sprechenden Menschen versorgt wurden.
Auch hier wurden wir unter Polizeischutz in ein Guest-House gesteckt, welches wir nur mit Eskorte verlassen durften. Wir wurden wie rohe Eier behandelt. Irgendwie spürte man hier, dass ein ganzes Land Angst vor negativen Schlagzeilen hat.

Ich stellte mich mit meinen ganzen Klamotten unter die kalte Dusche, denn die waren ja eh schon komplett durchgeschwitzt. Als wir alle wieder einen angenehmeren Duft an uns hatten, wurden wir von einem älteren, sehr freundlichen Polizisten abgeholt und in die Stadt gebracht.
Er wollte uns etwas von seiner Heimatstadt zeigen und wir folgten ihm. Keiner nahm Anstoß daran, dass ich eine Frau bin und ohne Kopfbedeckung unterwegs war. Auch in den normalweise nur für Männer erlaubten Teestuben, war ich willkommen. Man sprach und lachte mit mir, als ob es das normalste der Welt wäre.

Mir wurde übel und sogar zur Toilette wurde ich von der Polizei begleitet. Somit durfte der nette Herr Zeuge einer sich übergebenden Europäerin werden. Er schaute mich sehr besorgt an und schüttelte den Kopf. Er konnte nicht verstehen, dass die beiden Jungs es mir erlaubten in einem solchen Zustand zu reisen. Er brachte mich zurück ins Hotel.
Die Jungs wurden erst gar nicht von ihm gefragt und mussten mit. Kaum im Hotel angekommen, kam mein Durchfall auch wieder und ich nahm Kontakt mit meinem Apotheker auf, den ich liebevoll den Hexer nenne.
Und wie es auch immer so ist, hatte ich das benötigte Medikament natürlich nicht mit in der Reiseapotheke.
Ich versuchte zu schlafen.

Am nächsten Morgen war ich so müde, dass ich meine Augendeckel nicht öffnen konnte, während Kämmi schon wie ein Teletubby auf Extasy durchs Zimmer fegte.
Die Polizei wartet auch schon auf uns, um uns aus der Stadt zu bringen. Von diesem Moment an hatten wir ständig eine Polizeieskorte und wir wurden wie ein Staffelholz von der einen an die andere übergeben. Manche Streckenabschnitte konnten wir aber dann doch ohne Aufsicht fahren.

Da die Polizeifahrzeuge für uns oft nicht auf den ersten Augenblick erkennbar waren, sind wir des Öfteren einfach an ihnen vorbeigeschossen. Doch etwas weiter vorne stand dann schon die nächste Eskorte um uns wieder einzufangen.

In Quetta wurden wir mehr oder weniger ungefragt in einen 5-Sterne-Bunker einquartiert, da dieser als sicher galt. Uns verschlug es den Atem als wir den Preis hörten. Doch irgendwie hatten wir nicht so richtig die Wahl und so checkten wir in die Nobelbehausung ein.
Unser Gepäck wurde in das Zimmer gebracht und ich lies mich in der Badewanne erstmal richtig einweichen, da mit der ganze Dreck endlich mal wieder von der Haut runterkam.

In der Hotellobby süffelte ich dann noch zwei frisch gepresste Grapefruitsäfte. Die schmeckten köstlich!
Nun merkte ich, dass mein Bedürfnis nach frischem Obst und kaltem stieg.

Beim Abendessen erfreute ich mich endlich mal wieder an einem Hungergefühl und so machte ich mich eifrig über das asiatische Buffet her, in der Hoffnung, dass mein Bauch das auch zu schätzen weiß.

Gesättigt und sauber wie schon lange nicht mehr, fiel ich in die 5-Sterne-Kissen und schlief den Schlaf der Gerechten.

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