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Da die Wege von Huancavelica nach Paucara und weiter Richtung Ayacucho weder auf einer Karte eingezeichnet sind und im Hochland Wegweiser einfach nur die Landschaft verschandeln würden, entschlossen wir uns dazu den sichereren Weg zu nehmen. Es bedeutete zwar, dass wir wieder 78 km zurück nach Izcuchaca fahren mussten, aber immer noch besser als irgendwo im nirgendwo verloren zu gehen.

Von Izcuchaca ab ging es dann über schöne staubige Schotterstraßen in Richtung Ayacucho, wobei die Landschaft für mich alles andere als peruanisch war. Zur rechten Seite gab es rote Berge mit Kakteen, die an Arizona erinnerten und zur linken bunte Berge wie in Islands Landmannalaugar. Kurz vor unserem Tagesziel kamen wir dann wieder auf geteerte Straßen mit schönen Kurven. Nach dem Gerüttel war das eine richtige Wohltat. Das fand der Geldbeutel der örtlichen Polizei dann auch.
Wir wurden wegen zu schnellem Fahren aus dem Verkehr gezogen. Ok, ich hatte mich schon gewundert, dass alle anderen recht langsam fuhren, aber für 35 km/h war diese Straße einfach zu schön und wir mussten die Kurven deutlich schneller fahren. Da unser Spanisch für Diskussionen mit der Polizei nicht ausreichte, zahlten wir sage und schreibe 423 Soles (ca. 105 Euro).

Zähneknirschend fuhren wir schön langsam weiter und suchten uns in der Stadt dann ein Hotel. Wir schleppten das Gepäck nach oben futterten was und fielen in die Betten.

Frisch erholt stiegen wir am nächsten Morgen auf unsere Bikes und führten unseren Weg weiter. Unnötig zu erwähnen, dass die Straßen eher schlechter wurden. Es war ein einziges Gerüttel und Geholper und die Baustellen reihten sich aneinander. Wir schafften gerade mal 182 km und übernachteten in Uripa.
Naja – Übernachten kann man kaum sagen. Es war extrem laut. Unten auf der Straße sangen 3 Männer sturzbetrunken bis nachts um 3 Uhr und um 4 Uhr hupten bereits wieder die ersten Busse und LKW. Zudem war die Unterkunft so spartan, dass wir uns eine Dusche im nicht gerade appetitlichen Gemeinschaftsbad verkniffen und lieber wie frisch von Staub panierte Schnitzel ins Bett gingen. Nachts kündigten sich nun bei mir die ersten Durchfälle an.

Am nächsten Tag sahen wir beide ziemlich übernächtigt aus und wir starteten ohne Frühstück.Der darauf folgende Streckenabschnitt machte das Ganze auch nicht besser.
Die Tagesstrecke war ganze 220 km lang, wovon 205 km zum Teil heftigstes Off-Road waren und sich auf einer Strecke von 112 km eine Baustelle nach der anderen reihte. Es war ätzend!!! An den Baustellen musste man ständig warten bis man weiterfahren durfte, dafür bekam man dann auch wieder die ganze Ladung LKW-Abgase ab.
In den Baustellen fand man alles was ein Enduro-Herz begehrt: Schotter, Sand, Matsch, loses Erdreich bis hin zu steilen Auf- und Abfahrten. Es war extrem Kraftraubend und irgendwann hatte ich fast keine Kraft mehr die Kupplung zu ziehen.
Doch das Übelste war, dass man schon 2 Stunden vorher die Stadt Abancay sehen konnte, die aber ums Verrecken nicht näher kommen wollte. 60 Kilometer steile Schotterserpentinen, missgönnten einem das schnelle Erreichen des Tageszieles.
Das zermürbte mich total! Ich war körperlich echt schon am Ende und Lust hatte ich auch keine mehr. Ich wollte nur noch eine Dusche und ein Bett. Zudem kündigten sich böse Bauchschmerzen an, die gleich Erinnerungen an Indien wach werden ließen.

Als wir endlich angekommen waren war es mir ziemlich egal wie teuer die Unterkunft war – ich wollte nur noch liegen.
Das Hotelpersonal trug mir mein Gepäck nach oben, da ich mit mir schon mehr als genug zu tun hatte. Ich schwankte die Treppen hoch und musste mich am Geländer festhalten. Ein schöner Sternenhimmel machte sich vor meinen Augen breit. Ich war fix und foxy, sogar die Tränen liefen vor Erschöpfung.

Bis ich es endlich unter die Dusche schaffte war schon einige Zeit vergangen. Konni zwang mich dann noch zum Essen, da ich seit mehr als 36 Stunden nichts mehr zu mir genommen hatte. Im Zimmer packte ich dann die Reiseapotheke aus und fiel sofort in einen extrem tiefen Schlaf, bis ich das erste mal wegen starken Bauchkrämpfen aufwachte und von dort an ständig ins Bad sprang. Wenn ich nicht gerade auf der Schüssel hockte, dann verbrachte ich die Zeit sitzend mit einem Kissen auf den Bauch gedrückt im Bett. Es war genau wie letztes Jahr – einfach übelst!

Weder Ibu noch Buscopan halfen. Dementsprechend unfit war ich am nächsten Tag. Es gab kurze Überlegungen noch einen Tag hier zu bleiben bis es mir besser ging, doch das wollte ich nicht. Die sitzende Position war schließlich die Erträglichste und lieber saß ich auf dem Motorrad als im Bett.

Da an Konnis BMW der Seitenständer gebrochen war, ließ er diesen noch schnell schweißen. Währenddessen konnte ich in aller Ruhe meinen gebeutelten Körper in die Vertikale bringen und mein Motorrad packen. Um halb elf konnten wir Abancay in Richtung Cusco verlassen.
Nach 3 Tagen Rüttelpartie waren die Straßen geradezu ein Geschenk. Wir cruisten gemütlich die Pässe hoch und runter und genossen den schwül warmen Wind.
Kurz bevor wir in die Inka-Stadt hinab rollten befreiten wir die Motorräder an einer Tankstelle grob vom übelsten Dreck.

Mitten im Zentrum von Cusco begann dann die Jagd nach einer Unterkunft – was gar nicht so leicht war. Konni fuhr entgegengesetzt in Einbahnstraßen, was gleich wieder die Polizei an den Start rief. Man versuchte uns zu erklären wie wir am Besten zu unserer gewünschten Unterkunft kommen würden – ohne gegen die Verkehrsregeln zu verstoßen.

Schließlich erreichten wir unseren Glückstreffer – Hostal mallqui (www.hostal-mallqui.com)- ganz nach der Straßenverkehrsordnung.

Kaum waren wir vor dem Hostal angekommen, wurde unser Gepäck in ein zuckersüßes Zimmer getragen und ein sicherer Standort für die Motorräder aufgetrieben. Wie durch ein Wunder war direkt neben dem Parkplatz eine kleine Werkstatt, wo Konni für seine BMW den verlorenen Kettenspanner fertigen lassen konnte.

Ein Motorrad – ein Tag – 2x Werkstatt.

Die Hotelangestellten lasen uns jeden Wunsch von den Augen ab und organisierten für Konni auch gleich noch den Machu Picchu – Trip. Da ich bereits vor 2 Jahren schon dort war, nutzte ich diesen Tag ganz alleine für mich.
Ausschlafen, Bummeln, Faulenzen usw. Dabei bemerkte ich, dass ich diese Stadt liebte. Ich mochte diesen Flair, die Menschen, das Multi-Kulti-Getümmel. Gerne wäre ich noch länger in Cusco geblieben, aber schließlich haben wir noch einige Kilometer vor uns.

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