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Paucara Paucara

Pünktlich um halb acht standen 4 Mitarbeiter von World Vision bei uns im Innenhof. 2 fuhren auf einem kleinen Moto voraus, dann folgten wir mit unseren Bikes und ein Pickup bildete das Schlusslicht.
Es ging über Schotterstraßen stets bergauf. Als wir eine Höhe von 4368 m erreicht hatten machten wir einen kurzen Stop, um die geniale Aussicht auf die Bergwelt zu genießen und um 2 weitere Kollegen des Teams zu begrüßen.

Von hier aus ging es dann über Pfade und felsige Trails in Richtung Paucara. Für mich waren diese “Straßen” ein Alptraum. Ich musste ab und an die Albatros-Technik anwenden, wofür meine Hechlinger Trainer mich verhauen hätten.
Für Konni wäre es einfach nur Spaß gewesen, wenn es ihm gut gegangen wäre. Er litt immer noch unter Übelkeit und Kopfschmerzen.
Als ich mich nach guten 2 Stunden einigermaßen eingerüttelt hatte, bogen wir um eine Kurve und da standen plötzlich hunderte von Kindern in ihren Schuluniformen mit Luftballons und Begrüßungsplakate in der Hand. Sie klatschten, jubelten und lachten laut. Ich hätte bei diesem Anblick schon voll losheulen können. Es war einfach so unerwartet und überwältigend.

Wir parkten die Motorräder und wurden in den Innenhof des Schulzentrums geführt wo uns weitere unzählige Kinder bejubelten. Hier ging es zu wie in einem Ameisenhaufen. Ich war sprachlos und kämpfte mit Freudentränen.
Die Projektleiter, Hauptorganisatoren, Lehrer und weitere Projektleiter hielten Reden, indem sie sich herzlichst für die Unterstützung bedankten, die sie durch uns erhielten. Irgendwann konnte ich mir nicht mehr merken, wer welcher Leiter, Lehrer oder ähnliches war, denn die vielen Informationen konnte mein höhengepeinigtes Hirn einfach nicht mehr speichern.

Kinder sangen Lieder, die für europäische Ohren echt schräg klangen, aber sie kamen von Herzen. Wir wurden von Projektleitern und Schülern zum Tanz aufgefordert, was sehr zur Belustigung der Kinder diente. Es wurden mehrere kleine Vorführungen gezeigt, Gedichte vorgelesen und weitere Reden gehalten. Die Kinder begutachteten uns von Kopf bis Fuß und als ein Mädchen fragte warum meine Haare gelb seien musste ich nur noch lachen. Nachdem sich die Kleine davon überzeugt hatte, dass meine Haare an der Kopfhaut angewachsen waren, griff sie nochmals in ihren eigenen Zopf, schüttelte verwundert den Kopf und tippelte davon. Es war einfach zu niedlich.

Wir erfuhren, dass im Moment 600 Kinder hier die Schule besuchten, für mich unzählige Kinder in den Kindergarten gehen und es 1500 Paten aus Deutschland gibt, die derzeit dieses Projekt unterstützen. Umso verwunderter waren wir, als uns gesagt wurde, dass bisher noch kein einziger Pate hier zu Besuch war. Wir waren somit die allerersten Menschen, die die Kinder sahen, welche nicht aus ihrem District oder von World Vision kamen. Kein Wunder, dass wir so bestaunt wurden.

Natürlich wurden unzählige Fotos von uns und von den Projektmitarbeitern gemacht, wobei die Kids echt Spaß hatten mitten ins Bild zu hüpfen. 2 Kinder kamen direkt zu uns und überreichten uns Blumen und einen Brief in dem sie sich persönlich bedankten. Egal wo wir waren wurden wir von den kleinen umringt und die Motorräder waren natürlich das absolute Highlight.

Wir durften uns das Wohnhaus der Patenfamilie ansehen und uns wurde eines von mehreren Gewächshäusern gezeigt, in dem die Menschen Gemüse anpflanzen und somit für eine ausgeglichene Ernährung der Kinder sorgen können.

Als ich mein Patenkind ohne die restlichen 599 Kinder sehen konnte war Brayan einfach sehr sehr schüchtern. Ich glaube ihm war es einfach zu viel Trubel.

Die Mitarbeiter von World Vision zeigten uns einige sehr schöne Flecken rund um das Projekt. Ein sehr schönes Fleckchen Erde wurde zum Picknicken ausgesucht. Wir saßen im Schatten der Bäume und aßen Fisch und Hühnchen, Konni verweigerte das Essen – was echt unüblich ist, aber ihm ging es zusehends schlechter. Keiner konnte übersehen, dass er krank war und die Mitarbeiter bemühten sich mit allen Mitteln, um ihm die Rückkehr irgendwie erträglich zu gestalten. Das Angebot mit dem Auto zurück zu fahren schlug er aus.
Ich glaube er hatte einfach Angst um seine BMW, denn die Peruaner fuhren schon mit ihren kleinen 250er Mopeds wie die Wilden – kaum auszumalen wie sie mit mehr Hubraum und PS fahren würden.

Ich drängte leider etwas zur Eile, denn ich wollte Thomas einfach von diesen Höhenmetern weg haben und ins Hotelbett verfrachten. Keine Ahnung wie er es geschafft hat den Rückweg unbeschadet zu überstehen, aber er stellte einfach das Moto ab, schlurfte nach oben ins Zimmer und fiel aufs Bett. Ich lud die Motorräder ab, schleppte das Gepäck nach oben, half Konni beim Ausziehen, stellte ihn unter die Dusche und hüllte ihn dann in den Schlafsack. Er glühte am ganzen Körper. Er hatte Fieber und Schüttelfrost. Also verabreichte ich ihm erstmal Rescue-Tropfen und ein paar MCP-Tropfen gegen seine Übelkeit.
Bis ich aus der Dusche kam, schlief er wie ein Fels. Ich weckte ihn kurz auf, um eine Ibu 400 hinterher zu schieben und ihn zum Trinken zu zwingen. Einen Löwen zu bändigen wäre einfacher gewesen, aber ich habe nicht umsonst meinen Dickkopf.

Am nächsten morgen war das Fieber gesunken, aber er fühlte sich immer noch schwach, also zwang ich ihn nach dem Frühstück wieder ins Bett und ging alleine in das hiesige Büro von World Vision.

Hier wurden all meine bisher noch ungeklärten Fragen geduldig und sehr ausführlich beantwortet. Zudem boten sie jegliche Hilfe an, damit es Thomas wieder besser geht. Sie kamen auch mehrmals im Hotel vorbei, um sich nach seinem Zustand zu erkundigen. Es fiel schwer sich von diesen herzlichen Menschen zu verabschieden!

Ich kann nur jedem Paten empfehlen sein Patenkind zu besuchen und sich die Projekte anzusehen. Die Frauen und Männer, die für World Vision arbeiten leisten großartige Arbeit und haben Spaß daran. Für mich war es eine große Ehre diese Menschen kennen zu lernen. Und nun weiß ich deren Leistung noch mehr zu schätzen.

Wir vergessen in unserem Alltag einfach viel zu oft welchen Lebensstandard wir genießen dürfen. Und jedes Kind dieser Welt hat das Recht auf gesunde Ernährung, auf Bildung und vor allem auf eine bessere Zukunft!

Für alle Mitarbeiter und Paten, die diesen Text lesen:” Macht weiter so! Es lohnt sich!”

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